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Finanzsystem stabilisieren

Anzeigetafel für Aktienkurse, Australien
Balkendiagramm: 3,8 Billionen $ Verluste in 20-35 Jahren, 20,4 Billionen $ Risikopotential von Derivaten Negativer Trend regarding financial crises/positive trend regarding debt relief

Die internationale Verschuldung, Preisblasen von Vermögenswerten, komplexe Wertpapiere und andere Formen der Instabilität des Finanzsystems gefährden die soziale und wirtschaftliche Entwicklung, wie die gegenwärtige Finanzkrise zeigt. Darüber hinaus schränken die Schulden des globalen Südens dessen Möglichkeiten der Armutsbekämpfung, öffentlichen Gesundheitspflege, Bildung etc. (und so weiter) ein.

Betroffene Menschen und Lebensgrundlagen: Verschuldungsprobleme und andere wenig gesicherte Finanztransaktionen haben u. a. (unter anderem) die Asienkrise, die Argentinienkrisie, das Dot-com-Sterben sowie die US-Subprime-Krise mit ihren globalen Folgen herbeigeführt. Das Finanzsystem birgt eine höheres Risiko als andere Bereiche der Wirtschaft, weil die Folgen eines Marktversagens nicht auf den entsprechenden Markt begrenzt bleiben; vielmehr kann der Zusammenbruch eines Instituts im Extremfall zu einem Kollaps des ganzen Finanzsystems führen (systemisches Risiko) und die Realwirtschaft dadurch erheblich in Mitleidenschaft ziehen (SRW [Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung] 2008, 4). Das Finanzsystem neigt dazu, prozyklisch zu sein, also in guten Zeiten zu überdehnen und sich in schlechten Zeiten scharf zu reduzieren, womit eine Instabilität wahrscheinlicher wird und unerwünschte gesamtwirtschaftliche Rückkopplungen verstärkt werden (BoE [Bank von England] 2008, 44). 2005 kam die Counterparty Risk Management Policy Group (CRMPG) in ihrem "Corrigan-Report", der von führenden Managern einiger privater Finanzinstite erarbeitet wurde, zu der Schlussfolgerung, dass seit der Asienkrise die statistische Wahrscheinlichkeit des Eintritts erheblicher und systemischer (über das Finanzsystem hinausgehender) Schocks gesunken ist. Aber der von solch einem Schock verursachte Schaden wäre aufgrund der enorm gestiegenen Geschwindigkeit und Komplexität sowie der enger gewordenen Verbindungen im globalen Finanzsystem größer. Darüber hinaus kam die CRMPG zu dem Ergebnis, dass die Fähigkeit der Finanzwelt, systemische Schocks vorherzusehen, gegen null geht. (CRMPG 2005.) Nunmehr ist der Risikofall eingetreten.
  Von 1970 bis 2007 sind auf nationaler Ebene 124 Bankenkrisen, 208 Währungskrisen und 63 Verschuldungskrisen aufgetreten (einschl. [einschließlich) 42 Doppel- und 10 Dreifachkrisen; Laeven/Valencia [IMF (Internationaler Währungsfonds (International Monetary Fund))] 2008, 7 und 56). Die Kosten für die Steuerhaushalte aufgrund von Finanzkrisen in den Schwellenländern in den 1980ern und 1990ern übertrafen US$ (Dollar der Vereinigten Staaten von Amerika) 1 Billion (WB [Weltbank] 2006). Die Finanzkrisen seit 1980 hatten gemeinsame Ursachen: Kreditkonzentrationen (auf bestimmte Kreditnehmer), Fehlanpassungen der Laufzeiten auf breiter Basis, exzessive Hebel (Leverage, Verschuldungsgrad), die Illusion der Liquidität – oder die Vorstellung, dass Liquidität immer vorhanden sein wird –, sowie volkswirtschaftliche Ungleichgewichte, etwa Inflation, Rezession, Haushaltsdefizite oder große Ungleichgewichte der Leistungsbilanz (CRMPG 2008, 6).
  Ende 2006 bis Juli 2007 platzte die Blase des US-Immobilienmarkts, und Zwangsvollstreckungen nahmen zu. Diese Turbulenzen haben sich zu einer globalen Finanzkrise entwickelt. Kreditflüsse sind eingefroren und das Vertrauen der Anleger ist gesunken. Weltweit fiel eine Volkswirtschaft nach der anderen in einen Abschwung oder eine Rezession. Vor allem im September 2008 haben einige der größten und ehrwürdigsten Banken, Investmenthäuser und Versicherungsgesellschaften entweder Konkurs angemeldet oder mussten finanziell gerettet werden. (CRS [Congressional Research Service] 2008, 2.) Für kurze Zeit drohte ein Zusammenbruch des globalen Finanzsystems, der nicht absehbare realwirtschaftliche Folgen gehabt hätte. Die Notenbanken und Regierungen haben durch ihr entschlossenes Eingreifen eine solche Entwicklung verhindern können. (SRW 2008, III [römisch 3].) Die Krise deckte weltweit grundlegende Schwächen der Finanzsysteme auf, und trotz einer koordinierten Lockerung der Geldpolitik sowie Billionen von Dollar an Interventionen dauert die Finanz- und Wirtschaftskrise an (CRS 2008, 2). Die Ursachen und Begleitumstände der Finanzkrise wurden analysiert von Organisationen wie dem IWF, den UN (Vereinten Nationen), der Gruppe der Zwanzig Industrie- und Schwellenländer (G-20), Zentralbanken und ihrem Financial Stability Forum (FSF), dem wissenschaftlichen Dienst des US-Kongresses (CRS), dem vom privaten Sektor getragenen Institute of International Finance (IIF) und der bereits erwähnten CRMPG, wissenschaftlichen Räten etc.:

  • Der Niedergang der Standards der Kreditvergabe und der sorgfältigen Prüfung in den US-Märkten für Hypotheken und damit verbundene Wertpapiere hat das Marktvertrauen untergraben (IIF 2008, 15).
  • Manche Länder haben große Defizite ihrer internationalen Leistungsbilanz (insbesondere die USA [Vereinigte Staaten von Amerika (United States of America)]), während andere Länder große Reserven an Fremdwährungen aufgebaut haben, indem sie in diesen Bilanzen Überschüsse erzielen (CRS 2008, 12). Diese makroökonomischen Ungleichgewichte werden seit langem als mögliche Quellen von Instabilität angesehen (CRMPG 2008, 3, 6; UN 2005, 165f.; ECB [Europäische Zentralbank (European Central Bank)] 2008, 17f.).
  • Investoren haben in den Weltmärkten 'heißes Geld' auf der Suche nach höheren Ertragsraten eingesetzt. Hinzu kamen ein gewaltiger Anstieg der Rohstoffpreise, Zinssteigerungen zur Bekämpfung drohender Inflation und ein konjunktureller Rückgang der Wachstumsrate der Weltwirtschaft (CRS 2008, 12). Die Konsequenzen sich aufbauender Preisblasen von Vermögenswerten wurden sogar im fortgeschrittenen Stadium ihrer Entwicklung nicht erkannt (CRMPG 2008, 133; mit der Ausnahme von Warnungen wie UN 2006, 23-24).
  • Banken, andere Marktteilnehmer und die Behörden haben allesamt die Risiken unterschätzt, denen viele Banken und andere Finanzinstitute ausgesetzt waren (BoE 2008, 42). Es gab eine generelle Unterbewertung des Preises von Kreditrisiken (G-20 SG [Study Group] 2008, 3). Versäumnisse in den Regeln, Verfahren und Techniken des Risikomanagements waren bei einer Anzahl von Firmen offensichtlich (IIF 2008, 9). Andere Firmen haben bessere Methoden angewendet (SSG [Senior Supervisors Group] 2008). Jedenfalls hat sich herausgestellt, dass Risiken, die als breit gestreut galten, in Unternehmen konzentriert waren, die nicht in der Lage waren, sie zu tragen (FSF 2008, 9).
  • Banken, Investmenthäuser und Konsumenten trugen große Beträge an gehebelten Schulden (Leverage, Verhältnis von Schulden oder Forderungen zum Eigenkapital; CRS 12). Der hohe Hebel war ein bedeutsamer Faktor, der Verluste vergrößerte und dazu führte, dass manche Finanzinstitute Wertpapiere in fallende Märkte verkaufen mussten (G-20 SG 2008, 22). Die gegenwärtigen Turbulenzen haben deutlich gemacht, wozu ein hoher Leverage unter anderem führen kann: Verluste, die gemessen an den Aktivposten einer Bank bescheiden sind, können einen großen Teil des Eigenkapitals vernichten (SNB [Schweizerische Nationalbank] 2008, 6).
  • Banken und andere Finanzinstitute gaben diesem hohen Verschuldungsgrad beachtlichen Antrieb, indem sie außerhalb ihrer Bilanz Finanzierungs- und Anlagevehikel einführten. Diese investierten häufig in hoch bewertete strukturierte Kreditprodukte, welche wiederum oft und zu großen Teilen durch hypothekenbesicherte Wertpapiere gedeckt waren (mortgage-backed securities, MBS). Diese Vehikel, die Nutzen aus Anreizen der Regelwerke und der Bilanzierung zogen, operierten ohne Kapitalpuffer, mit deutlichen Fehlanpassungen der Liquidität und der Fristigkeiten sowie mit Zusammenstellungen der Anlagegegenstände, die von den Investoren oft missverstanden wurden. Die Banken selbst wie auch jene, die diese Vehikel bewerteten, haben die Liquiditäts- und Konzentrationsrisiken verkannt, welche eine Verschlechterung der allgemeinen wirtschaftlichen Gegebenheiten aufwerfen würde. Banken haben ebenfalls diejenigen Risiken falsch eingeschätzt, die durch explizit oder implizit eingegangene Verpflichtungen hinsichtlich dieser Vehikel entstanden sind. (FSF 2008, 5.)
  • Das Originate-to-distribute-Modell (Herstellen zum Vertrieb) dieser Vehikel vergrößerte das Risiko in den Finanzmärkten: Der ursprüngliche Geber von Krediten oder Hypothekendarlehen reichte diese weiter an einen Kapitalgeber oder jemanden, der sie gebündelt, verbrieft und als besicherte Schuldverschreibung (collateralized debt obligation, CDO) an Investoren verkauft hat (CRS 2008, 11). Risiken wurden in den unregulierten Bereich des Marktes übertragen (Laeven/Valencia [IMF] 2008, 26). Es bestand außerdem ein Mangel an Transparenz der Risiken der zugrundeliegenden verbrieften Produkte, insbesondere auch der Qualität und potentiellen Wechselbeziehungen der zugrundeliegenden Vermögenswerte (FSF 2008, 9f.).
  • Um das Risiko des Ausfalls von Krediten oder Hypothekendarlehen, insbesondere von zweitklassigen Hypotheken (subprime mortgages), zu versichern, haben die Inhaber von CDOs handelbare Kreditausfallversicherungen (credit default swaps, CDS) gekauft (CRS 2008, 8). Dies bedeutete eine Verwischung der Trennlinie zwischen den Ausstellern von CDS und traditionellen Versicherern. Im Kern haben Finanzunternehmen eine Art von Versicherungsvertrag unterzeichnet, ohne das Reglement für Versicherungen und die Anforderungen an eine angemessene Kapitaldeckung zu beachten. (CRS 2008, 11.)
  • Kreditbewertungsagenturen (credit rating agencies) haben nicht die Gesamtheit der Risiken mitgeteilt, die in strukturierten Produkten eingelassen waren (IIF 2008, 15). Risikoabschätzungen von Bewertungsagenturen neigen dazu, sehr prozyklisch zu sein, denn sie reagieren eher auf das Eintreten von Risiken als auf ihren Aufbau (UN 2008b, 29). Mehr noch, das Risiko wurde auch durch eine Zunahme von abwegigen Anreizen und von Komplexität im Hinblick auf die Ratingagenturen erhöht. Kreditbewertungsfirmen erhielten Gebühren für die Bewertung von Wertpapieren auf der Grundlage von Informationen, die vom herausgebenden Unternehmen bereitgestellt wurden, und unter Nutzung seiner Berechnungsmodelle für die Bestimmung des Risikos. (CRS 2008, 11.) Einige institutionelle Investoren haben sich in ihren Anlagerichtlinien und -entscheidungen zu sehr auf Ratings verlassen, die manchmal als vollständiger Ersatz für eine unabhängige Risikoeinschätzung und sorgfältige Prüfung dienten (FSF 2008, 37; IIF 2008, 16).
  • Die Vergütungsmodelle der Finanzinstitute ermunterten ein unverhältnismäßiges Eingehen von Risiken bei ungenügender Beachtung von langfristigen Risiken. Diese Risikoübernahme unterlag nicht immer angemessenen Kontrollen und Abwägungen in den Risikomanagementsystemen der Firmen. (FSF 2008, 8.)
  • Die öffentlichen Mitteilungen, die von den Finanzinstituten verlangt wurden, verdeutlichten nicht immer die Art und den Umfang der Risiken ihres Engagements innerhalb und außerhalb der Bilanz (FSF 2008, 8).
  • Politische Entscheidungsträger, Regulierungsbehörden und die Aufsicht – in manchen fortgeschrittenen Ländern – haben nicht in angemessener Weise die sich in den Finanzmärkten aufbauenden Risiken gewürdigt und adressiert, mit Finanzinnovationen Schritt gehalten oder die systemischen Auswirkungen innerstaatlichen Behördenhandelns berücksichtigt (G-20 2008, § 3; eig. Übers. [eigene Übersetzung)). Die Behörden haben einige der zugrundeliegenden Verwundbarkeiten des Finanzsektors erkannt, haben es aber versäumt, wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen, zum Teil weil sie die Stärke und Widerstandskraft des Finanzsystems überschätzt haben mögen (FSF 2008, 9). Die Finanzmarktaufsicht wird trotz der zunehmenden Globalisierung nach wie vor weitgehend in nationaler Regie betrieben. Es ist so zu einer Art Tunnelblick der Regulatoren gekommen, der sie offensichtlich daran gehindert hat, gravierende Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen. (SRW 2008, § 264.)
  • Beschränkungen der behördlichen Regelungen, wie derjenigen in Bezug auf das Rahmenwerk vor Basel II (römisch 2), haben zu dem Wachstum unregulierter Engagements, exzessiver Inkaufnahme von Risiken und einem schwachen Management von Liquiditätsrisiken beigetragen (FSF 2008, 9). Die grundsätzliche Prozyklizität des Finanzsystems wurde in den letzen Jahren durch die Regulierung sogar noch erhöht, mit der Bewertung von Finanzaktiva nach Marktpreisen (fair value) sowie der mit Basel II eingeführten Risikogewichtung von Aktiva und den dafür genutzten Modellen zur Risikoeinschätzung (SRW 2008, § 266).

Die gesamten marktbewerteten Verluste bei verbrieften Kreditinstrumenten und Unternehmensanleihen in den USA, der Eurozone und dem UK (Vereinigtes Königreich [United Kingdom]) sind auf etwa US$ 2,8 Billionen angestiegen (Verluste bis 20. Oktober 2008 im Vergleich zu Januar 2007; ein weiterer Anstieg wird erwartet; BoE 2008, 12 und 14). Dies entspricht 5,1 % des globalen BSP (Bruttosozialprodukt) (IMF 2008b, 259, und eig. Ber. [eigene Berechnung]).
  Die Regierungen von zwanzig Industrieländern unterstützen ihre Bankensysteme mit Garantien von US$ 5 269 Mia. (Milliarden) (einschl. einiger Garantien der Anleihen bzw. [beziehungsweise] Finanzierungsinstrumente von Banken [wholesale debt] oder Verstaatlichungen von Banken), Kapitalspritzen von US$ 711 Mia., Aufkäufen von Wertpapieren von US$ 659 Mia. und anderen Unterstützungen von US$ 1 413 Mia. (Ankündigungen bis 24. Okt. 2008; BoE 2008, 33; CRS 2008, 15; Dollarwerte in Spalten 3 und 4 entsprechend Spalten 1 und 2 mit eigenen Berechnungen korrigiert). Die meisten dieser Unterstützungspakete bestehen aus zinsbringenden Krediten, Beteiligungen an Banken, Bürgschaften gegen Gebühr oder dem Tausch von Wertpapieren (so dass Möglichkeiten vorhanden sind, das Geld zurückzuerhalten).
  Als ein Indikator, der Informationen über das potentielle Ausmaß des Marktrisikos im Derivategeschäft liefert, wird der globale Bruttomarktwert ausstehender Derivate im außerbörslichen Handel ("Over-the-Counter"-Markt) verwendet. Dieser verdoppelte sich zwischen Dezember 2006 und Juni 2008 von US$ 9,69 auf 20,4 Billionen – was einem Drittel des globalen BSP gleichkommt. Unter diesen Derivaten sprang der Bruttomarktwert der oben erwähnten, ausstehenden Kreditausfallversicherungen (CDS) von US$ 470 Mia. im Dezember 2006 auf US$ 2,00 Bio. (Billionen) im Dezember 2007 und US$ 3,17 Bio. im Juni 2008. (BIS [Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank for International Settlements)] 2008, 5 und 6, eig. Übers.)
  Die Finanzkrise ist in ihren Auswirkungen außergewöhnlich wahllos. Sie hat fast jedes Land getroffen, ungeachtet seines politischen Systems oder seiner Größe, und auch solche Länder, die nicht in besonderer Weise riskanten Schulden ausgesetzt waren. (CRS 2008, 1.) Vier hauptsächliche Ausbreitungswege sind in den Finanzmärkten der meisten Schwellenländer ersichtlich: ein Anstieg des Preises von Risiken, einhergehend mit einer Zunahme der globalen Risikoaversion; ein Ausverkauf an den Aktienmärkten; der Druck auf Landeswährungen; und eine Verringerung der Außenfinanzierung (G-20 SG 2008, 23). Die Lage des Welthungers kann sich weiter verschlimmern, indem die Finanzkrise die Realwirtschaft von mehr und mehr Ländern trifft. Die verringerte Nachfrage in entwickelten Ländern bedroht die Einkommen in weniger entwickelten Ländern vermittelst ihrer Exporte. Geldtransfers von Migranten in ihre Heimat (sog. [so genannte] Rücküberweisungen), Direktinvestitionen und andere Kapitalflüsse einschl. der Entwicklungshilfe sind ebenfalls gefährdet. (FAO [Food and Agriculture Organization of the United Nations] 2008a.)

Länder des globalen Südens tragen insgesamt eine Schuldenlast von US$ 2,7 Billionen gegenüber Industrieländern (WB 2007, 187), die wiederum selbst öffentliche und private Auslandsschulden von mehr als US$ 30 Bio. haben (CIA [Central Intelligence Agency] 2006). Während für die weniger entwickelten Schuldnerländer – zumindest für die ärmsten unter ihnen – kaum Aussichten bestehen, die Kredite jemals abbezahlen zu können, schränkt der laufende Schuldendienst ihre Möglichkeiten ein, sich wirtschaftlich zu entwickeln und soziale Aufgaben zu verfolgen. Der Schuldendienst, den die weniger entwickelten Länder an die Industrieländer zahlen, belief sich 2005 auf US$ 513 Millionen (WB 2007, 187). 2006 bezahlten sie 6,6 % ihrer Exporterlöse und Nettoeinkommen aus dem Ausland. Lateinamerika zahlte sogar 14,8 %. (UN 2008a, Indikator 8.12.) Der Schuldendienst des Südens beträgt das Fünffache der erhaltenen Entwicklungshilfe und fast das Doppelte der Direktinvestitionen. Während der akuten Phase der Verschuldungskrise in den 80er Jahren war der Schuldendienst deutlich höher, aber er bleibt eine chronische Belastung der Volkswirtschaften des Südens. (UNDP [United Nations Development Programme] 2007, 293.)

Ziele:

  • Finanzkrisen: sicherzustellen, dass eine globale Krise wie diese nicht wieder vorkommt (Deklaration des G-20-Gipfels: G-20 2008, § 2; eig. Übers.).
  • Verschuldung armer Länder: ein Schuldenerlass für hochverschuldete arme Länder und eine Streichung bilateraler Schulden (Ziele des Millenniumgipfels: UN 2000, Abs. [Absatz] 15.2).

Trends:

  • Finanzkrisen: Seit 1970 ist die Anzahl systemischer Bankenkrisen angestiegen (Caprio/Klingebiel [WB] 2003; Laeven/Valencia [IMF] 2008, 56), und 2007/08 entwickelte sich die schlimmste Finanzkrise seit 1929.
  • Verschuldung armer Länder: + 2007 belief sich der kumulative Schuldenerlass auf US$ 69 Mia. (im Rahmen der Highly Indebted Poor Country Initiative und der Multilateral Debt Relief Initiative; UN 2008b, Indikator 8.11).

Maßnahmen

Finanzkrisen: Ein verbessertes Risikomanagement der privaten Akteure und eine weitsichtige Regulierung der Finanzmärkte könnten Risiken für die ökonomische und soziale Entwicklung abbauen. Anreize sollten so angepasst werden, dass ein exzessives Eingehen von Risiken vermieden wird (G-20 2008, § 9). Um eine weitere globale Finanzkrise zu verhindern, ist von allen beteiligten Akteuren gefordert, 'das Undenkbare zu denken' (G-20 SG 2008, 35). Die Gruppe der Sieben Industrieländer (G-7) hat sich verpflichtet, die Empfehlungen des Financial Stability Forum schnell und vollständig umzusetzen (G-7 2008; FSF 2008). Erstmalig im November 2008 haben die Regierungschefs der Gruppe der Zwanzig großen Volkswirtschaften (G-20) einen Gipfel abgehalten, und sie haben einige Prinzipien sowie einen Aktionsplan vereinbart (G-20 2008). Auch der private Sektor hat sich auf Verhaltensregeln und Empfehlungen guter Methoden geeinigt. Die Branche als Ganzes erkennt ihre Verantwortung an und ist vollauf entschlossen, diese Schwachstellen anzugehen. (IIF 2008, 23; eig. Übers.) Es gibt acht Bereiche:

  • Zeitweilige Maßnahmen
    • Systemisch relevante Finanzinstitute unterstützen und ihren Zusammenbruch verhindern (G-7 2008)
    • Die geldpolitischen Bedingungen für die Finanzierungskosten der Firmen erleichtern und Liquidität bereitstellen (und hierbei eine Deflation wie auch eine hohe Inflation vermeiden)
    • Beschränkungen oder Verbote von ungesicherten Leerverkäufen
    • Ausweitungen der Einlagensicherung und/oder Garantien für Anleihen und andere Finanzierungsinstrumente von Banken (wholesale funding)
    • Vorkehrungen zur Übernahme von Kapitalbeteiligungen an Finanzinstituten und/oder zum Aufkauf beeinträchtigter Verbindlichkeiten von ihnen (bzw. zum Tausch von Wertpapieren)
    • Erhöhungen der Staatsausgaben zur Stimulierung der Volkswirtschaften
    • Sicherstellen, dass internationale Finanzinstitutionen (IWF, Weltbank etc.) Unterstützung von entscheidender Bedeutung bereitstellen können. (G-20 SG 2008, 40; G-20 2008, §§ 5 und 7; IMF 2008, 50.)
  • Transparenz, Verantwortlichkeit und Wertermittlung stärken
    • Eine vollständige, genaue und rechtzeitige Offenlegung der finanziellen Lage der Firmen (einschl. von Aktitvitäten außerhalb der Bilanz) auf fortlaufender Basis gewährleisten
    • Die Angabepflichten bei komplexen Finanzprodukten erhöhen
    • Die Anleitung der Bewertung von Wertpapieren verbessern, insbesondere von komplexen, illiquiden Produkten sowie in Stressphasen
    • Die globalen Schlüsselorgane für Bilanzrichtlinien (BCBS [Basel Committee on Banking Supervision], IOSCO [International Organization of Securities Commissions], etc.) sollten intensiv auf das Ziel hinarbeiten, einen einzigen und hochwertigen globalen Standard zu schaffen. (G-20 2008, § 9 und Aktionsplan S. [Seite] 1.)
  • Solide Regulierung anheben: Eigenkapital, Liquidität, Risikomanagement und Kreditbewertungen
    • Sicherstellen, dass alle Finanzmärkte, alle Finanzprodukte und alle Finanzmarktteilnehmer einer Regulierung oder Überwachung unterworfen sind (G-20 2008, § 9; dies schließt komplexe Wertpapiere, Kreditbewertungsagenturen, Beteiligungsfonds [private equity funds] und Hedgefonds etc. ein)
    • Empfehlungen zur Verminderung der Prozyklizität entwickeln, einschl. der Klärung, wie Wertermittlungen und Leverage, Eigenkapital, die Vergütung von Führungskräften sowie Rückstellungen zyklische Trends verschlimmern können. (G-20 2008, Aktionsplan S. 2.) Das grundlegende Ziel der bankenaufsichtlichen Regulierung und Überwachung sollte darin bestehen, starke antizyklische Regeln einzuführen (UN 2008b, 30).
    • Eigenkapitalanforderungen verstärken: Die Behörden sollten sicherstellen, dass Finanzinstitute angemessene Beträge an Eigenkapital halten, die notwendig sind, um Vertrauen aufrechtzuerhalten. Die internationalen standardsetzenden Gremien sollten verstärkte Eigenkapitalanforderungen für die Aktivitäten der Banken zur Verbriefung und Strukturierung von Krediten vorlegen. (G-20 2008, Aktionsplan S. 2.) Die Aufsichtsbehörden müssen die Kapital- und Liquiditätspuffer auf eine Höhe setzen, die die Möglichkeit berücksichtigt, dass Fälle des Versagens des Risikomanagements eintreten, und die, wenn solche Fälle auftreten, den Schaden für die Märkte und das Finanzsystem begrenzt (FSF 2008, 10; EK [Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten"] 2002, 115f.). Das schließt weitere Verbesserungen des Regelwerks von Basel II zum Eigenkapital ein (FSF 2008, 12; BoE 2008, 42).
        Eine wichtige Ergänzung von Basel II bestünde in der Festlegung eines Hebels zwischen dem Eigenkapital und den Verbindlichkeiten, wie er bereits für US-Banken gilt (leverage ratio; SRW 2008, § 275; SNB 2008, 8). Die Risikogewichtung der derzeit bestehenden Eigenmittelanforderungen dient dazu, dass die unterschiedlichen Risiken der Vermögenswerte einer Bank berücksichtigt werden. Zusätzlich würde eine Leverage-Ratio einen minimalen Sicherheitspuffer garantieren, der proportional zur Größe der Bank ist und nicht von komplexen und kaum verifizierbaren Risikogewichten abhängt. (SNB 2008, 9.)
        Um die Prozyklizität zu vermindern, wird die Möglichkeit erwogen, dass die Eigenkapitalanforderungen flexibel sind oder sich verändern, gemäß Indikatoren wie Bilanzvolumen, Wachstum und Inflation (SRW 2008, §§ 290-292; BoE 2008, 42).
    • Liquiditätsstandards verstärken: Aufsichtsbehörden und Zentralbanken sollten robuste und international einheitliche Ansätze der Überwachung der Liquidität von grenzübergreifend aktiven Banken entwickeln (G-20 2008, Aktionsplan S. 3). Die meisten der gegenwärtigen Schutzvorkehrungen im Regelwerk der Aufsicht sind vermutlich dafür vorgesehen, eher spezifische Risiken für die Liquidität zu handhaben, und weniger den schwierigeren Fall eines systemischen Problems, wenn sich alle um Liquidität rangeln (G-20 SG 2008, 35). Die Liquiditätsstandards sollten gestärkt werden, um zu gewährleisten, dass die Firmen gegenüber einer Reihe von Schocks ausreichend widerstandsfähig sind (BoE 2008, 41, Tabelle 6.A, und 43; FSF 2008, 12).
    • Risikomanagement verbessern: Die Aufsichtsbehörden sollten sicherstellen, dass die Finanzunternehmen Verfahren entwickeln, die für eine rechtzeitige und umfassende Messung von Risikokonzentrationen und von großen Positionen mit Gegenparteirisiko sorgen, über Produkte und Ländergrenzen hinweg (G-20 2008, Aktionsplan S. 3). Die Aufsicht wird die Methoden des Risikomanagements der Banken stärken, um bei den Banken die Beherrschung von Tail-Risiken (Ereignisse am nachteiligen Ende [tail] von Risikostreuungen) zu verbessern und das Aufbauen von exzessiven Engagements und Risikokonzentrationen zu vermindern, einschl. außerbilanzmäßiger Geschäfte (FSF 2008, 17 und 19). Banken müssen auch solche Schocks berücksichtigen, welche selten eintreten, aber ein hohes Schadenspotential aufweisen (Tail-Events; SNB 10).
        Es ist nötig, Maßnahmen zu ergreifen, durch freiwillige Anstrengung oder Regulierung, um Vergütungssysteme zu vermeiden, die exzessive, kurzfristige Erträge oder Risikoinkaufnahmen belohnen (G-20 2008, Aktionsplan S. 3). Die Finanzbranche sollte die Vergütungsmodelle auf langfristige, unternehmensweite Rentabilität ausrichten (FSF 2008, 20; SRW 2008, § 262). Das sollte auch der Fokus von Beförderungen und der Verleihung von Stellenbezeichnungen im Management sein. Außerdem sollten die Vergütungsmethoden stark aktienbasiert sein, wobei diese Vergütung über eine längere Zeit hinweg übertragen werden sollte (CRMPG 2008, 5).
        Bessere Anreizstrukturen im Verbriefungsprozess können vor allem dadurch erzielt werden, dass der Originator, das heißt die Bank, die eine Verbriefung vornimmt, verpflichtet wird, die besonders riskanten Tranchen der Forderungen zu einem gewissen Anteil in ihrem Portfolio zu behalten. Ein solcher Selbstbehalt soll dazu beitragen, dass die Kreditnehmer sorgfältiger ausgewählt und nach der Kreditvergabe intensiver überwacht werden. (SRW 2008, § 262.)
        Die Aufsichts- und Regulierungsbehörden sollten die Bestrebungen beschleunigen, das systemische Risiko von CDS und außerbörslichen Derivatgeschäften zu verringern (G-20 2008, Aktionsplan S. 3). Die Marktteilnehmer sollten gewährleisten, dass die Abwicklung, die rechtlichen Vorgehensweisen und die operative Infrastruktur, die den Märkten für OTC-Derivate zugrunde liegen, solide sind (FSF 2008, 20). Die Finanzindustrie sollte eine Verrechnungsstelle (clearinghouse) für ausstehende OTC-Derivate schaffen, beginnend mit CDS (CRMPG 2008, 1).
        Ein riskantes Volumen an Derivaten könnte durch eine Steuer auf Devisentransaktionen begrenzt werden (Tobinsteuer; EK 2002, 115f.).
        Eine Herausforderung für die Notenbanken besteht darin, in ihrer Geldpolitik nicht nur die Geldwertstabilität, sondern mehr als bisher die Stabilität des Finanzsystems zu berücksichtigen (SRW 2008, § 261).
    • Überwachung von Kreditbewertungsagenturen: Die G-20-Mitglieder werden eine strenge Aufsicht über Kreditbewertungsagenturen ausüben. Ratingagenturen, die öffentliche Bewertungen bereitstellen, sollten registriert werden. (G-20 2008, § 9 und Aktionsplan S. 3). Eine externe Überprüfung des Rating-Prozesses sollte eingeführt werden (IIF 2008, 16). Kreditbewertungsagenturen sollten die Qualität der erhaltenen Daten sowie die Sorgfalt prüfen, die von den Kreditgebern, Arrangeuren und Emittenten aufgebracht wurde. Sie sollten die Informationen über strukturierte Produkte erweitern. (FSF 2008, 58.) Bewertungsagenturen sollten eine andere oder zusätzliche Skala (und/oder ein System von Symbolen) für das Rating strukturierter Produkte entwickeln – welche unter Stressbedingungen eine viel größere Volatilität des Ratings und des Preises haben können als zum Beispiel Unternehmensanleihen (IIF 2008, 16; FSF 2008, 58).
  • Förderung der Lauterkeit auf den Finanzmärkten
    • Nationale und regionale Behörden sollten nationale und internationale Maßnahmen anwenden, die das globale Finanzsystem vor unkooperativen und intransparenten Gerichtsbarkeiten schützen, welche das Risiko unerlaubter Finanzaktivitäten aufwerfen (G-20 2008, Aktionsplan S. 4 und § 9). Dies könnte eine besondere Rechtsprechung ("special jurisdictions") zu Offshore-Finanzzentren sowie Regelungen von Transaktionen mit ihnen beinhalten (EK 2002, 115f.).
  • Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit und der Fähigkeit der Behörden, auf Risiken und Stress zu reagieren
    • Die Regulatoren sollten alle nötigen Schritte unternehmen, um die Arrangements für das grenzübergreifende Krisenmanagement zu stärken, unter Einschluss der Zusammenarbeit und Kommunikation untereinander und mit den zuständigen Behörden (G-20 2008, Aktionsplan S. 4 und § 9).
    • Die Aufsichtsbehörden sollten darauf achten, dass sie die erforderlichen Mittel und Fachkenntnisse besitzen, um die mit Finanzinnovationen verbundenen Risiken zu überwachen und um sicherzustellen, dass die von ihnen beaufsichtigten Firmen die Kapazität haben, die Risiken zu verstehen und zu bewältigen. Die Behörden werden die Regelungen zur Einlagensicherung überprüfen und – wo nötig – stärken, ebenso die Regelungen zum Umgang mit schwachen Banken. Die internationalen Gremien werden die Geschwindigkeit, Priorisierung und Koordination ihrer Politikentwicklung steigern. (FSF 2008, 40, 50, 49 und 60.)
    • Ein globales Frühwarnsystem sollte eingerichtet werden, in dem IWF und FSF eng zusammenarbeiten, um die Risiken für die globale Finanzstabilität sowie die Verknüpfungen zwischen makroökonomischen Ereignissen und bankenaufsichtlicher Regulierung zu analysieren (HMT [Her Majesty's Treasury] 2008, 15). Ein internationales Risikoerkennungs- und Frühwarnsystem sollte nicht nur über makroökonomische Informationen, sondern auch über bankenaufsichtliche Daten individueller großer Finanzinstitute verfügen (SRW 2008, § 6 und S. 6). Die Finanzbranche baut eine Market Monitoring Group auf, um eine laufende Einschätzung der Entwicklungen auf den globalen Finanzmärkten hinsichtlich zukünftiger Schwachstellen beizubringen (IIF 2008, 23).
    • Weitere Formen der internationalen Kooperation werden in Betracht gezogen:
        regelmäßige Durchführung von Evaluationen der Regulierungs- und Aufsichtsqualität in unterschiedlichen Ländern, also eine internationale Aufsicht der nationalen Aufsichten;
        die internationale Festlegung und Steuerung regulatorischer Kerngrößen und Mindestnormen, wie sie etwa bereits im Bereich risikoadjustierter Eigenkapitalanforderungen im Rahmen von Basel II existieren;
        die internationale Überwachung und mikroprudentielle Aufsicht von länderübergreifend tätigen systemischen Finanzinstituten;
        ein globaler Krisenstab könnte während systemischer Finanzkrisen aktiv werden und eine effektive politische Reaktion koordinieren. (SRW 2008, §§ 6, 269, 272 und 274-277.)
  • Reform der internationalen Finanzinstitutionen
    • Die Institutionen von Bretton Woods (IWF und Weltbank) sollten angemessener die sich verändernden ökonomischen Gewichte in der Weltwirtschaft widerspiegeln. Schwellenländer und wenig entwickelte Länder, einschl. der ärmsten Länder, sollten eine stärkere Stimme und Vertretung haben. Das FSF muss sich dringend im Sinne einer breiteren Mitgliedschaft von Schwellenländern erweitern. (G-20 2008, § 9; EK 2002, 115f.)
  • Kontext der Reformen
    • Die Mitglieder der G-20 sind übereingekommen, Protektionismus zurückzuweisen und es innerhalb der nächsten 12 Monate zu unterlassen, neue Hindernisse für Investitionen oder den Handel von Gütern und Dienstleistungen zu errichten.
    • Im Hinblick auf die Auswirkung der gegenwärtigen Krise auf weniger entwickelte Ländern, besonders die verwundbarsten, bestätigen die G-20-Mitglieder erneut die Bedeutung der Millennium-Entwicklungs-Ziele und die Verpflichtungen zur Entwicklungshilfe, die sie eingegangen sind.
    • Die G-20-Mitglieder bleiben verpflichtet, andere entscheidende Herausforderungen wie Energiesicherheit, Klimawandel und Nahrungssicherheit anzugehen. (G-20 2008, §§ 13-15.)
  • Globale Ungleichgewichte der Leistungsbilanzen
    • Um das Risiko eines ungeordneten Ausgleichs der globalen Ungleichgewichte zu vermindern, sollten die großen Volkswirtschaften mittelfristig ihre makroökonomischen Politiken koordinieren (UN 2006, viii [römisch 8]). Analysen des IWF weisen darauf hin, dass durch die Finanzturbulenzen die Bedeutung eines gemeinsamen Handelns zur Dämpfung der Ungleichgewichte zugenommen hat (IMF 2008a). Eine multilateral vereinbarte Strategie zu den globalen Ungleichgewichten verlangt: Schritte zur Steigerung der nationalen Ersparnis in den USA, einschl. der Haushaltskonsolidierung; weitere Fortschritte bei wachstumssteigernden Reformen in Europa; weitere Strukturreformen, einschl. Haushaltskonsolidierung, in Japan; Reformen zur Steigerung der Binnennachfrage im aufkommenden Asien, nebst einer größeren Flexibilität der Wechselkurse einer Anzahl von Überschussländern; und erhöhte Ausgaben im Einklang mit der Aufnahmefähigkeit und volkswirtschaftlicher Stabilität in erdölproduzierenden Ländern (IMF 2007). Weitergehende Empfehlungen umfassen Importzertifikate, eine internationale Verrechnungsstelle (International Clearing Union) oder eine Reform des gegenwärtigen internationalen Systems von Währungsreserven, weg von der nahezu ausschließlichen Angewiesenheit auf den US-Dollar und hin zu einem multilateral abgesicherten Mehrwährungssystem, welches sich möglicherweise im Zeitablauf zu einem System, das durch eine einzige Weltwährung abgesichert wird, entwickeln könnte (UN 2008b, 33).

Alle Maßnahmen sollten Teil eines Regelwerks sein, welches gewährleistet, dass Ausfallrisiken auch in künftigen Boomphasen berücksichtigt werden – trotz mehrerer Jahre wahrgenommener Stabilität, hoher Erträge und hoher Konkurrenz, wie sie in der Periode bis Mitte 2007 auftraten.

Verschuldung armer Länder: Für ärmere Länder des Südens wurden 1996 und 2005 Entschuldungsinitiativen in Höhe von US$ 59 und 50 Milliarden eingeleitet, die den jährlichen Schuldendienst jeweils um etwa US$ 1 Mia. mildern sollten (Highly Indebted Poor Country Initiative und Multilateral Debt Relief Initiative, UN 2006a, 23).


Anmerkungen: Zahlennamen folgen der sog. langen Leiter:
1 Milliarde = 1 000 000 000 = eintausend Millionen = 109
1 Billion = 1 000 000 000 000 = eine Million Millionen = 1012
Abkürzungen: Mio. für Million, Mia. für Milliarde.

Quellen

Entwurf (2008)

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Bildnachweis: © Neil Gould - englisch  - extern.